Pressemitteilung zum aktuellen TVöD-Verhandlungsergebnis 30.10.2020



Eigentlich sollte 2020 das Jahr der Pflegenden werden, aber mittlerweile ist 2020 zum Jahr der Corona-Krise geworden.

Nach anfänglichem Applaus der Bürger*innen auf den Balkonen dieser Republik haben die politisch Verantwortlichen parallel schöne Worte gefunden und unter anderem die Pflegeberufe  als „systemrelevant“ bezeichnet. Eine wirkliche Aufwertung der Pflege blieb bislang aber aus.


Aus pflegerischer Sicht bedeutet die nun vorliegende Einigung in der aktuellen Verhandlungsrunde des TVöD in Zahlen:  „Pflegekräfte (im öffentlichen Dienst) dürfen mit bis zu 8,7 Prozent mehr Lohn rechnen und für Intensivkräfte gibt es sogar zehn Prozent. Das Ganze zuzüglich einer Corona-Prämie, die im Dezember einmalig ausgezahlt werden soll und bis zu 600 € betragen wird.“


Innenminister und Verhandlungsführer Horst Seehofer sagte dazu: 

„Mit dem Tarifabschluss erhalten unsere Beschäftigten im öffentlichen Dienst die Wertschätzung, die sie verdienen."


Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, teilte mit: „Schließlich wird der Pflegeberuf finanziell aufgewertet. Das wird helfen, die dringend benötigten Fachkräfte zu finden.“


Und die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di rechnete vor, was das konkret heißen kann: 

Eine Pflegefachkraft im Krankenhaus in der Entgeltgruppe 7 / Stufe 6 hat derzeit ein Monatseinkommen von ungefähr 3540 Euro brutto. Einschließlich der vereinbarten Zulagen werden es zukünftig bis zu 300 Euro mehr sein.


Unsere Begeisterung hält sich in Grenzen und es verdeutlicht, dass es eine Pflegegewerkschaft braucht, um einen allgemeingültigen und trägerübergreifenden Branchentarifvertrag Pflege auszuhandeln, der alle Pflegeberufe berücksichtigt.  


Durch den vorliegenden Tarifabschluss im öffentlichen Dienst wird sich nämlich weder der anhaltende und fortschreitende Fachkräfte-Mangel, geschweige denn das Nachwuchsproblem, lösen. 



Denn, das, was auf den ersten Eindruck gut klingt und nicht einmal so schlecht aussieht, relativiert sich bei näherer Betrachtungsweise:


1.) Die Stufe 6 erreicht man im TVöD nach 15 (!) Jahren, d.h. auch hier werden die meisten Pflegekräfte deutlich weniger als 300 € zusätzlich verdienen. 


2.) Bis zum 01.04.2021 gibt es außerdem eine Nullrunde. Erst danach greift die eigentliche Tariferhöhung.


3.) Die einmalige Corona-Prämie in Höhe von bis zu 600 € ist ebenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein.  


4.) Die Corona-Krise wird uns auch weiterhin begleiten, so dass sich die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte weiterhin verschärfen werden. Bereits jetzt gibt es erste Signale, dass die Personaluntergrenzen weiter aufgeweicht werden.


Wir können deshalb nur wiederholen, was wir bereits am 20.02.2020 in unserer Pressemitteilung eingefordert haben:

 

„Wir fordern umgehend eine Schwerpunktsetzung für notwendige Maßnahmen, die die Pflegekräfte in der praktischen Arbeit sofort und spürbar entlasten! 

Dies kann nur mit einem echten „Pflege-Sofortprogramm“ erfolgen, das folgende Maßnahmen beinhalten muss: 


1.) deutlich höhere Löhne, in Form eines sofortigen Fachkraft-Mindestlohnes in Höhe von 4.000 € für alle Pflegeberufe. 


2.) eine sofortige Erhöhung der Stellenschlüssel, um mindestens 10 % im ersten Schritt. Nach zwei Jahren muss der Erfolg dieser Maßnahmen evaluiert und überprüft werden, ob die offenen Stellen besetzt werden konnten. Wenn nicht, sind entsprechende Gehaltsanpassungen durchzuführen.


3.) eine einmalige Fachkraft-Bindungs-Prämie in Höhe von 5.000 €.


a) als Anreiz zur Rückkehr für ausgestiegene Pflegefachkräfte.

b) als Entschädigung für die verbliebenen Pflegefachkräfte.



Diese Maßnahmen müssen in einem transparenten Projektplan, mit überprüfbaren Zwischenschritten, noch dieses Jahr erfolgen, denn nur so kann das verloren gegangene Vertrauen wirklich wiederhergestellt werden!“ 



Pflege in Bewegung e.V.

     -Der Vorstand-